#30 Philipp erklärt mir den Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2025

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#30 Philipp erklärt mir den Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2025
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Philipp und Marc füllen zusammen den Wahl-O-Mat aus. Dabei erklärt er mir die politischen Hintergründe der Fragen. Das Video der Episode gibt es nur auf kunstpixel.de und auf unserem Kunstpixel YouTube-Kanal.

Gast: Philipp Anders

Video/Links: https://kunstpixel.de/?p=576#links

https://www.wahl-o-mat.de


Kommentare

7 Antworten zu „#30 Philipp erklärt mir den Wahl-O-Mat zur Bundestagswahl 2025“

  1. Ihr habt es getriggert und hätte ich einen Podcast, ich würde eine eigene Sendung dazu machen. Hab ich aber nicht, also hab ich mal ein paar Notizen gemacht, was mir so spontan eingefallen ist, während eurer Sendung:

    Bürgergeld

    Hier seid ihr auf einen Wahlkampfslogan von AfD oder CDU hereingefallen. Richtig erkannt habt ihr, dass „wiederholt“ völlig undefiniert ist und dass sowas ausgehandelt werden müsste. Gefährlich ist die Forderung aber an der Stelle, wo sie definiert ist: es wird gefordert, das komplette Bürgergeld zu streichen. Das ist schon mal grundgesetzlich und vom Verfassungsgericht entschieden überhaupt nicht erlaubt. Es muss ein Existenzminimum erhalten bleiben. Nun ist das Bürgergeld idR aber schon das Quasiexistenzminimum, deswegen ist die Diskussion um die Sanktionen so schwierig und oft auch unehrlich. Und natürlich gibt es auch im Bürgergeld noch Sanktionsmöglichkeiten, nur eben nicht die komplette Streichung. Vielleicht stimmt es alle Diskutanten milder, wenn man weiß, dass nur die allerwenigsten Bürgergeldempfänger:innen tatsächlich totalverweigern.

    Dublinverfahren

    Im sog. Dublinverfahren, wird festgestellt, in welchem (EU-) Land ein Einreisender Flüchtling seinen Asylantrag stellen muss oder hätte müssen. An den Grenzen abgewiesen wird dabei niemand, weil a) Deutschland verpflichtet ist, genau diese Prüfung durchzuführen und b) es dabei viele Ausnahmen gibt, wodurch sehr wohl D zuständig sein kann. Guter Text dazu: https://www.unhcr.org/de/dublin-verfahren. Ab da wird es kompliziert (auch, weil viele EU-Staaten sich nicht an das Verfahren halten) und Leute an der Grenze zurückweisen, hiesse entweder Gesetze und EU-Verpflichtungen zu brechen, oder Lager an den Grenzen einzurichten, wo die Antragsteller:innen teils sehr lange ausharren müssten (statt bspw. bei uns zu arbeiten). Praktisch ist das nicht umsetzbar.

    Überwachung mit Gesichtserkennung auf Bahnhöfen

    Wäre auch gerne technikgläubig, aber leider traue ich persönlich den Leuten nicht, die solche Technik in die Hand bekommen. Zur Gesichtserkennung auf Bahnhöfen (und Philipp erweitert noch auf alle öffentlichen Plätze) konkret: die Kriminalität ist vorhanden, aber so hoch ist die Rate nun auch wieder nicht, d.h. im Wesentlichen, dass vor allem Menschen überwacht (in deren Privatsphäre eingegriffen wird), die nichts getan haben und niemals etwas tun werden. Ihre Daten werden jedoch auf unbestimmte Zeit gespeichert, denn nur Erkennen von Gesichtern reicht ja nicht, man muss ja auch Wiedererkennen. Und zweitens: Überwachungsmittel die an begrenzten Orten (bspw. nur an Bahnhöfen) oder mit begrenzter Wirksamkeit (bspw. nur gegen terroristische Verbrechen) eingeführt wirden, werden bei uns in der Folge immer ausgeweitet (es folgen also bald alle öffentlichen Plätze, dann Kneipen, dann das Wohnzimmer 😉 ). Mein Lieblingsbeispiel: die Fotos, die von Mautstationen aufgenommen werden.

    Krabbenkorb???

    Hatte ich auch noch nie gehört. Und ist natürlich Quatsch. Eine Metapher, die genauso wenig stimmt, wie die, dass sich Frösche kochen lassen, wenn man sie mit dem Wasser kocht. Und dass sich Frauen im Beruf so verhalten besagt wohl gerade mal eine Studie. https://taz.de/!372488/

    Lieferkettengesetz

    Nicht erkannt: das Lieferkettengesetz. https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze-und-Gesetzesvorhaben/Gesetz-Unternehmerische-Sorgfaltspflichten-Lieferketten/gesetz-unternehmerische-sorgfaltspflichten-lieferketten.html

    Die Schuldenbremse

    Ihr wollt ja das Richtige 😉 Die sogenannte „Schuldenbremse“ wurde nach der Weltfinanzkrisein Art. 109 Abs. 3 Grundgesetz (GG) geregelt und besagt, ich zitiere mal Wikipedia:

    > Mit der Schuldenbremse im Grundgesetz wird die „strukturelle“, also von der Konjunktur unabhängige, staatliche Neuverschuldung für die Länder verboten und für den Bund auf maximal 0,35 Prozent des nominellen Bruttoinlandsprodukts (BIP) beschränkt. Ausnahmen für Naturkatastrophen oder Wirtschaftskrisen sind allerdings weiterhin vorgesehen. Neben der strukturellen Neuverschuldung ist zudem ein „konjunktureller Finanzierungssaldo“ zulässig, der im Aufschwung positiv und im Abschwung negativ ist und über eine bestimmte Formel ermittelt wird.

    Das versteht ja kein Mensch, diskutiert wird deswegen auch hauptsächlich über die maximal 0,35 Prozent Neuverschuldung, die der Bund machen darf. Egal, was damals der Grund der Einführung war, benutzt wurde sie durch die Bank (hihi) für eine neoliberale Austeritätspolitik, deren Ziel es ist, den Staat aus der Wirtschaft so viel wie möglich heraus zu halten, zum Nutzen der Wirtschaft wohlgemerkt. Das hat uns in den letzten Jahrzehnten vor allem dazu geführt, dass der Staat nicht mehr investiert (investieren kann): in Infrastruktur, (ehemals) staatliche Unternehmen, die eigene Verwaltung und so weiter. Folge ist der Zustand der Bahn, vor allem des Schienennetzes, marode Straßen, kaputte Brücken, eine Digitalisierung wie in der Steinzeit (vor allem bei der Verwaltung), ein immer schlechter werdendes Schulsystem und so weiter und so weiter. Dank SB fehlt aber auch Geld für den Klimaschutz und die Ukraine-Hilfen…

    Es gibt sicherlich unterschiedliche Ansätze, wie man einen Staat führen kann. Eine CDU macht vielleicht weniger Schulden (das Wahlprogramm spiegelt das allerdings nicht unbedingt wieder), eine linke Regierung würde wahrscheinlich mehr Schulden machen. Die Frage stellt sich bei uns aber nicht, weil eine rot-schwarze Regierung vor vielen Jahren für alle zukünftigen festgelegt hat, welche Finanzpolitik sie zu verfolgen haben. Und das ist eben Quatsch: deswegen ist die einzige mögliche Reform der Schuldenbremse, sie wieder aus dem GG zu streichen, sie also abzuschaffen.

    Beratung ist schon wichtig

    Diese wichtige Beratung vor dem Schwangerschaftsabbruch wurde und wird vor allem zur Gängelung von Frauen genutzt und sie wird oft von kirchlichen Trägern durchgeführt, die, ich war selbst nicht dabei, aber das sagt mir mein Gefühl, wahrscheinlich die Richtung der Beratung schon irgendwie vorgegeben bekommen. Von Männern wie dem Papst zum Beispiel. Beratung ist wichtig, aber Zwangsberatung ist IMHO Quatsch. Also sollten nicht die Beratungsangebote abgeschafft werden, sondern die Pflicht, sich beraten zu lassen.

    Zusammenfassung

    Wirklich gute Idee, den Wahl-O-Maten live auszufüllen, danke für die Offenheit! Und das Ergebnis kann sich doch sehen lassen. 😉 Ich glaube nicht, dass ich der einzige bin, der eure Sendung bis zum Ende (bis zur Auflösung) gehört hat, das war doch nachgerade spannend! 👍

    1. Danke Nico! 🙏 Ja, mit der Offenheit war da so eine Sache. Es kam mir in etwa so vor, also wäre eines unserer Kaffee-hol-Gespräche live im Internet zu hören. Allerdings glaube ich, dass diese Offenheit von mir vielleicht dem ein oder anderen hilft Fragen zu stellen.

      Ich antworte mal auf das, wozu ich etwas sagen kann: den Crab Basket. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Krabbenkorb-Metapher Ich habe das von einer geschätzten Kollegin mit Führungserfahrung, die das selbst erlebt hat. Ich verstehe den Begriff so, dass man damit das Phänomen umgangssprachlich beschreibt. Aber ich recherchiere da auch zu. Vielleicht lade ich sie auch einfach zu dem Thema mal ein.

      Zu den Kameras: Guter Punkt mit der Datenspeicherung. Das müsste klar geregelt werden.

      Zum Rest muss Philipp sich äußern.

    2. Avatar von Philipp Anders
      Philipp Anders

      Oh je, jetzt habe ich nicht als Antwort geschrieben =P

      Ich bin für eine Folge: „Wahl-o-Mat Nachbetrachtung mit Nico!“

  2. Avatar von Philipp Anders
    Philipp Anders

    Hallo Nico,
    vielen Dank für deinen ausführlichen Kommentar. Ich habe Marc noch gesagt, dass ich eigentlich keine Lust habe, den ganzen Wahl-o-mat in einer Folge zu machen, weil dann vieles untergeht.

    Bürgergeld
    Ich bin schockiert, dass du meinst, wir wären auf etwas reingefallen. Aber es zeigt, dass wir zu wenig Zeit hatten, uns mit dem Thema zu beschäftigen. Ich bin auch ehrlich, dass ich beim Wahl-o-mat bei keinem Punkt gedacht habe, dass es um eine 100%ige Abschaffung geht. Aber wenn man die Frage genau liest, kann man davon ausgehen, dass das gemeint ist.
    “Wer wiederholt Arbeitsangebote ablehnt, dem soll das Bürgergeld gestrichen werden.”
    Ein klarer Interpretationsfehler.

    Selbstverständlich kann und darf das Existenzminimum nicht unterschritten werden. Irgendwie geht man in einer Diskussion davon aus, dass solche Rahmenbedingungen klar sind und nicht noch einmal vereinbart werden müssen. Aber es ist völlig richtig, darauf hinzuweisen, weil man schließlich publiziert.

    Ich glaube, an sich kommt es auf die Konstellation an, ob das Bürgergeld quasi das Existenzminimum ist oder nicht. Single, Familie, Kinder und so weiter. Aber an der Stelle muss man sagen: Das Bundesverfassungsgericht hat 2019 geurteilt, dass Kürzungen bis zu 30 Prozent vertretbar sind.

    In harten Zahlen haben wir 5,5 Mio B-Geld Bezieher wovon 1,5 Mio nicht erwerbsfähig sind. Also 4 Mio relevante Empfänger wovon noch ca. 800k erwerbstätig sind (Aufstocker). Damit sind wir bei 3,2 Mio Empfänger die keiner Arbeit nachgehen. Unterm Strich gehen wir von 1,7 Mio B-Empfängern aus, die einer Arbeit nachgehen könnten und auch eine angeboten bekommen.
    Im letzten Jahr wurden insgesamt ca. 21.766 Sanktionen verhängt. Das sind selbst bei einer 1:1 Relation ca. 1,7 %.

    An dieser Stelle glaube ich, dass eine Gesellschaft das verkraften kann und dass die Kosten, das zu sanktionieren, in keinem Verhältnis stehen. Aber ich denke bei meiner Befürwortung von Sanktionsmöglichkeiten vor allem an den Effekt, der dadurch entsteht, dass der Elefant im Raum steht.

    Dublin-Verfahren
    Völlig richtig. Aber haben wir nicht gesagt, dass die Verfahren zu lange dauern und Grenzkontrollen de facto nicht möglich sind? Ich finde trotzdem, dass sich alle daran halten müssen.
    Kurz dazu: Ich glaube, wenn alle europäischen Staaten ihre nationalen Ressourcen an die EU-Außengrenze verlagern und dort Kompetenzzentren für eine schnelle Bearbeitung von Asylanträgen schaffen würden, wäre Europa sehr geholfen. Die Krux liegt wohl in der anschließenden Verteilung und dem Verteilungsschlüssel. Hier ist Europa derzeit nicht solidarisch.

    Meine grundsätzlichen Gedanken dazu. Grundsätzlich bin ich für das Recht auf Asyl! Aber sehe mit Sorge eine Überforderung der Bevölkerung, die vor allem in kleineren Gemeinden stattfindet. Umwidmete Landschulheime oder Turnhallen. Das einzige Hotel im Ort ist jetzt eine Unterkunft. Das verändert Städte, Dörfer und sorgt für Unverständnis. Fake News, Panikmache und der rechte Rand tun ihr Übriges. Am Ende steht ein Giftcocktail, der viele infiziert.

    Überwachung
    “ Ihre Daten werden auf unbestimmte Zeit gespeichert, denn es reicht nicht, Gesichter zu erkennen, man muss sie auch wiedererkennen. ”
    Das verstehe ich nicht. Ich gehe doch nicht davon aus, dass jeder ein Krimineller ist =)

    Ich habe die Frage so verstanden, dass ein Abgleich in Echtzeit mit einer bundesweiten Kriminaldatenbank stattfindet und nicht einfach Daten aus dem öffentlichen Raum gespeichert werden. Wenn Daten gespeichert werden, dann bin ich auch dagegen, weil ich das auch als Eingriff sehe. Eine Echtzeitüberwachung zur Identifizierung von Straftätern halte ich hingegen für sehr sinnvoll.

    Beratung zum Schwangerschaftsabbruch
    Das sehe ich anders. Ich glaube, gerade für sehr junge werdende Mütter ist eine Beratung unglaublich wichtig. Die alle Alternativen zum Abbruch aufzeigt, wie z.B. eine sofortige Adoptionsvermittlung. Wenn man so einen großen Schritt gehen will, sollten die Fakten auf dem Tisch liegen. Allein schon, um später nicht zu denken: “Hätte ich mich mal beraten lassen. ”zu verhindern. Ich glaube auch, dass Institutionen wie ProFamilia das ganz gut machen.

  3. Liebes Redaktionsteam,

    die Folge war in vielerlei Hinsicht sehr hilfreich, um verschiedene Blickwinkel auf die einzelnen Thesen zu bekommen. Allerdings hat es mich sehr enttäuscht und teils schockiert, wie sich die beiden Hosts zu den zwei Fragen, die spezifisch Frauen betreffen, geäußert haben.

    Bei der Frage nach den Schwangerschaftsabbrüchen wirkt es bei euch so, als ginge es nur um die Abschaffung der Beratung. Weshalb wird nicht wenigstens kurz darüber gesprochen, weshalb es wichtig ist, dies _straffrei_ zu lassen? Da liegt doch der eigentliche Kern der Frage. Stattdessen segeln die beiden Männer darüber hinweg.

    Wirklich hart rausgefallen ist der Kommentar zu Frauenquote und der anschließende Vergleich zwischen Frauen und Krabben, die sich gegenseitig runterziehen. Wo soll man dort anfangen… Hier sprechen zwei Personen am Mikro, die gebildet sind, sich über hochpolitische Themen, wie den Nahost-Konflikt, Klima und Schulden austauschen und tiefergehende Informationen dazu teilen. Aber Frauen werden mit Krabben verglichen?? Auch wenn man diese These mal aufgeschnappt hat, bringt es mich wirklich zur Verzweiflung wenn diese in so einem Kontext wiederholt und kommentarlos stehen gelassen werden. Das Problem bei der Benachteiligung von Frauen sind nicht primär Frauen, sondern patriachale Strukturen bzw. Männer (männliche Krabben sozusagen). Auch wenn einige Frauen solche Systeme mit unterstützen.
    Bitte überlegt in Zukunft genauer, was ihr wo verbreitet. Wenn Männer wie ihr nicht differenzierter über solche Themen sprechen können, weiß ich wirklich nicht, wo man anfangen soll. Bei allen anderen Themen ist euch das doch auch gelungen.

    1. Hi Katja, das war meine Schuld. Ich habe als Ziel der Episode klar gesetzt, dass wir durchkommen. Und ja, bei dem Thema habe ich etwas aufgeschnappt mit dem Krabbenkorb, was ich wahrscheinlich nur halb verstanden habe. Zudem betrifft es mich als Mann nicht direkt, aber ich finde das Thema spannend, weil ich das tatscählich beobachte. Die Person, von der ich das habe, wird demnächst eine Episode mit mir zu dem Thema machen. Gerne nehme ich die Kommentare von dir, Katja und auch Nico direkt da mit rein. Wir nehmen solche Kommentare ernst und werden das hier im Podcast behandeln. Versprechen.

    2. Avatar von Philipp Anders
      Philipp Anders

      Hallo Katja,

      erst einmal Danke für deine Kritik.

      Zur Frage: „Schwangerschaftsabbrüche sollen in den ersten drei Monaten weiterhin nur nach Beratung straffrei sein.“

      Das ähnlich zum Thema Bürgergeld bei Nico, ich würde nicht auf die Idee kommen, es unter Strafe zu stellen. Deswegen bin ich persönlich bei der Frage gar nicht in diese Gedankenrichtung gekommen. Für mich war es nur: Sollte man die Beratungspflicht abschaffen, oder nicht.

      Zum Thema Frauenquote hätte ich mich am liebsten gar nicht geäußert. Es ist überhaupt nicht mein Thema. Außer paar rudimentäre Informationen, habe ich dazu kein Background. Du scheinst hier einen tieferen Einblick zu haben, vielleicht magst du diesen mit uns teilen.

      Ansonsten bleibt mir nur, euch von ganzem Herzen zu ermutigen: Geht am Sonntag wählen!

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